IPS Montag, 7. März 2011
In Indiens großen, häufig überfüllten Tempelanlagen kommen immer wieder hunderte Menschen beim Ausbruch einer Massenpanik ums Leben. Nun soll die staatliche Katastrophenschutzbehörde NDMA für die Sicherheit religiöser Stätten sorgen, an denen regelmäßig große Menschenmassen zusammenkommen. (408 Wörter) - Von K. S. Harikrishnan
Pilger in Panik – Bild: K. S. Harikrishnan/IPS
Als Beispiel für einen erfolgreichen Umgang mit großen
Besuchermengen verwies der stellvertretende NDMA-Chef Shashidhar
Reddy auf den Thirupathi-Tempel im südindischen Bundesstaat Andhra
Pradesh. "Um Überfüllung zu vermeiden, wird die Zahl der
Tempelbesucher beschränkt. Vor den Eingängen warten die Pilger in
langen Reihen auf Einlass ", berichtete er.
Anders ging es am 14. Januar bei der Massenpanik am
Sabarimala-Schrein im südwestlichen Bundesstaat Kerala zu, die 104
Pilger nicht überlebten. Schon 1999 waren hier 50 Pilger bei einem
Erdrutsch umgekommen. Zu den mehrtägigen hinduistischen
Feierlichkeiten an dem berühmten Schrein kommen alljährlich viele
hunderttausend Gläubige in die abgelegene Region, ohne dass die
regionalen Behörden für genügend Sicherheit sorgen. Die
Attraktivität des Hinduschreins kann es inzwischen mit großen
Pilgerorten anderer Religionen wie dem Petersplatz in Rom oder
Mekka aufnehmen.
Kommissionen statt Taten
Vor zwei Jahren hatte man an die Ursachen der Katastrophe am
Sabrimala-Schrein vielfach untersucht. Ein Dutzend Kommissionen,
Komitees und Diskussionsforen legten Berichte vor und empfahlen den
Verantwortlichen, ein nachhaltiges Präventions- und
Sicherheitskonzept auszuarbeiten.
"Doch alle Pläne wurden auf Eis gelegt", klagte Kummanam
Rajasekharan, ein Sprecher der hindunationalistischen Organisation
'Vishwa Hindu Parishad' (VHP). "Die zuständige Behörde will eine
Betonmauer um den Schrein ziehen. Doch die Gläubigen würden dies
nicht akzeptieren, und außerdem würde die Umwelt Schaden nehmen",
sagte er IPS.
Zahllose Verbesserungsvorschläge und von Experten entworfene
Präventionskonzepte der vergangenen Jahre verstauben als Aktenberge
in indischen Amtsstuben. Umgesetzt wurden sie nicht.
Lokale Behördenschlamperei wird immer wieder angeprangert, wenn
nach den Ursachen der katastrophalen Folgen einer Massenpanik bei
religiösen Großveranstaltungen gesucht wird. So kritisierte der
ehemalige Geheimdienstchef Arun Bhagat das fehlende Einsatzkonzept
am Sabrimala-Schrein: "Hier wurden die einfachsten Regeln für die
Kontrolle von Menschenmengen missachtet."
Nachdem 2008 am Naini-Devi-Tempel im nordindischen Gebirge von
Himachal Pradesh 150 Pilger bei einer Massenpanik zu Tode gekommen
waren, klagte der Menschenrechtsaktivist Ram Thakur: "Die
verschiedenen zuständigen Behörden koordinierten ihre Einsätze
nicht, es gab keine Verkehrsregelung, die Polizei war schlecht
ausgerüstet, und am Unglücksort ließ sich kein Regierungsvertreter
blicken."
Wie erfolgreiche Katastrophenhilfe auszusehen hat beschreibt das in
New Delhi ansässige Amt für Katastrophenhilfe der Südasiatischen
Gemeinschaft für regionale Kooperation (SARC): "Um im
Katastrophenfall die Risiken zu verringern, braucht man eine
bessere Koordinierung von Regierungsbehörden, Entscheidungsträgern
und verschiedenen anderen Agenturen."
Original veröffentlicht von Inter Press Service. © www.streetnewsservice.org